Traumstandorte für Solarfarminvestoren: Algerien, Libyen, Ägypten und die West-Sahara sollen Europa und die ganze Welt mit Sonnenstrom versorgen. |
Ein halbes Saarland voller Solarzellen würde fast schon reichen, um beinahe alles mit Strom zu versorgen, was selbst nach Erreichen der Sparziele der Bundesregierung noch unbedingt nötig. Solar geht auch auf ganz "kleiner Fläche" (Tagesschau), etwas größer zwar als ein Erdgaskraftwerk, aber richtig effektiv vor allem, wenn richtig groß. Denn Solaranlagen bleiben auch dann geradezu winzig, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach festgestellt hat. "Auf relativ kleinen Flächen in Afrika könnte die ganze Welt versorgt werden", formuliert der ehemalige CDU-Politiker jetzt eine knallharte Absage an den erneuten Versuch, die Atomkraft wieder hoffähig zu machen.
Sonne satt für den Westen
Nicht einmal den gesamten afrikanischen Kontinent braucht es, um genug Strom für die Wohlstandswelten des Westens von der Sonne zu zapfen. Viel mehr reichen einige kleine rote Quadrate in Algerien, Libyen, Ägypten und der von Marokko beanspruchten West-Sahara, "die Zukunft unseres Wohlstands" (Lauterbach) zu sichern und im alten Europa wie in der der gesamten restlichen Welt die Vorgaben der Pariser Beschlüsse zur Erderwärmung einzuhalten.
Damals bei Desertec: Der Traum von der Sonne. |
"Ausschweifung" für alle
Nachbar Ägypten wirkt dagegen vergleichsweise abendländisch: Meinungsäußerungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt, gegen Medienschaffende werden lange Haftstrafen verhängt, zuweilen sogar die Todesstrafe. Häusliche Gewalt ist nicht verboten, Kinderhochzeiten und Beschneidungen von weiblichen Genitalien sind es zwar, Verstöße werden jedoch nicht geahndet. Dafür aber müssen "vermeintliche LGBT-Personen" (Humanrightswatch) verhaftet und wegen "Ausschweifung" zu mit Haftstrafen von bis zu sechs Jahren
verurteilt.
Ein Partner für das globale Solarwunder, von dessen fragiler Verfassung abhängig zu sein den von CDU, SPD, Grünen und SPD vorangetriebenen Bau von Nord Stream II wie eine sichere Bank wirken lässt. Denn Libyen, das andere heiße, sonnige Gebiet, auf das Karl Lauterbach seine Hoffnungen setzt, existiert derzeit als solcher momentan nicht. Milizen streiten um Landstriche, selbsternannte Regierungen bekämpfen einander, das Rechtssystem in einem unklaren Zustand, die Menschenrechte sind ausgesetzt und eine staatliche Verwaltung hat nur in Rudimenten überlebt.
Wüstenland in Solarfarmhand
Schlimmer sieht es nur in West Sahara aus. Der Wüstenlandstrich betrachtet sich selbst seit 1976 als Demokratische Arabische Republik Sahara, die mittlerweile aber von keinem anderen Staat mehr anerkannt wird. Marokko, das Spanien als Kolonialmacht über die 266.000 Quadratkilometer Kies- und Geröllwüsten ungefragt abgelöst hatte, weigert bis heute, das von den Vereinten Nationen vor mehr als vier Jahrzehnten geforderte Referendum über eine mögliche Unabhängigkeit durchzuführen. Die Befreiungsbewegung Frente Polisario, die 1985 aus Protest dagegen ein ziviles Forschungsflugzeug des deutschen Alfred-Wegener-Institutes abgeschossen und dabei drei Insassen getötet hatten, hält im Augenblick meist einen Waffenstillstand ein. Manchmal aber auch nicht.
Petitessen angesichts der sonnigen Aussichten für mutige Solarfarminvestoren, die bereit sind, die heute noch fehlenden Infrastruktur aufzubauen und dem hohen Maß an Instabilität, Korruption und Facharbeitermangel vor Ort ebenso tapfer zu trotzen wie ihre bald über hunderte Kilometer ausgebreiteten Solarpanele dem nimmermüden Angriff von Wind und dem schleifstarken Saharasand, der zuletzt in Deutschland für große Sorgen um die Sonnenerträge gesorgt hatte. Sandpartikel aus der Sahara sind so klein, dass sie nicht ohne Weiteres durch Abspülen mit Wasser von Solarmodulen entfernt werden könnten, im afrikanischen Sonnen-Eldorado ist Wasser zudem so knapp, dass auch die hierzulande übliche mechanische Nacharbeit mit einem weichen Besen oder Wasserschieber kaum möglich ist.
Doch das Problem, dass staubbedeckte Anlagen bis zu 20 Prozent weniger Strom liefern, ist wegen des großzügigen Platzangebotes in Nordafrika - allein der Fantasiestaat Westsahara ist hundertmal so groß wie das Saarland - keins. Sobald 20 Prozent Leistung fehlen, werden einfach 20 Prozent mehr Anlagen aufgestellt. Nennenswerte Ertragseinbußen für Europa sind dann nicht zu befürchten.