Brennessel statt Braten: Energieausstieg auf der Zielgeraden

in Deutsch D-A-CH2 years ago

 


Nicht alle, aber immerhin 80 Millionen sollen mitmachen bei der gemeinsamen Anstrengung für den Energieausstieg. So will es eine große Werbe- und Aufklärungskampagne zum Gürtelengerschnallen, die Bundesklimawirtschaftsminister Robert Habeck jetzt gestartet hat. Zumindest für die, die noch schon immer auf Standby-Funktionen verzichten, mit Deckel auf dem Topf kochen und Wäsche im Freien trocknen lassen, sind die meisten Tipps mühelos im Alltag umsetzbar - und das ohne Investitionen, neue Dämmplatten am Haus, Fußbodenheizung oder Frieren für den Frieden.

Um die Versorgung mit fossilen Rohstoffen aus Russland abschalten zu können, reicht das aber noch nicht. Daher muss auch darüberhinaus so viel wie möglich Energie gespart werden. Auf dem  Kampagnenportal „energiewechsel.de“, das mit Wasserkraft aus regionalem Anbau betrieben wird, finden sich zahllose weitere Anweisungen, wie mit klugen Verhaltensweisen nachhaltig diverse Einspareffekte erzielt werden können. Besonders positiv dabei: Nicht nur teure Russenenergie wird so gespart, sondern auch ein positiver Effekt für das Klima erzielt.

PPQ nennt ein paar Beispiele, zahlreiche weitere Möglichkeiten zum Verzicht finden sich bei "energiewechsel.de". Die Angaben zum Einsparpotenzial beruhen auf eigenen Berechnungen des Forschungsinstituts Climate Watch (CLW) im sächsischen Grimma, die Angaben von Co2online basieren auf den jährlichen Durchschnittswerten des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bei Strom und Gas für 2021. 

Dicke Fische: 

Vor allem um die dicken Fische unter den Einsparmöglichkeiten geht es. Wer zum Beispiel duscht, statt zu baden, kann sich über ein dickes Plus auf dem Konto freuen. Bei einem Vollbad in einer herkömmlichen Wanne mit 120 Litern Fassungsvermögen entstehen ungefähre Kosten von 60 Cent bis zu einem Euro, je nach Gas- oder Stromvertrag. Dazu kommt der Frischwasserpreis von etwa 20 Cent. Zusammen macht das bei 365 Bädern im Jahr bis zu 400 Euro, bei einem Zwei-Personen-Haushalt sogar doppelt so viel. Wer dauerhaft aus der Wanne steigt und stattdessen duscht, komm immerhin auf den halben Sparbetrag: Eine durchschnittliche Dusche (Verbrauch von 12l/min) von fünf Minuten kostet etwa 50 Cent. Geldwert-Tipp: Ein Duschtag die Woche reicht. Gespart werden dann ca. 350 Euro im Jahr.

Hummer, Fastfood, Döner als Snack und zwischendurch Schokolade, Eis und Bier - in den Jahren des Wohlstandes nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland insgesamt immer schwerer, ohne sich deshalb zu einem Schwergewicht auf der politischen Weltbühne entwickeln zu können. Das hatte auch Folgen für das Klima: Immer mehr Eisbären sind vom Aussterben bedroht, immer mehr eigens angelegte Blüh- und Bienenwiesen reichen nicht, die Diversität auf dem Acker auszubauen. Besser also nachhaltig essen, aus dem eigenen Garten oder dem Laden nebenan - und dabei auf exotische Speisen verzichten, die aus großer Ferne angeliefert werden müssen. 

Brennessel statt Braten

Die Alternativen dazu heißen Brunnenkresse, Bärlauc, Giersch, Gartenschaumkraut, Löwenzahn und Vogelmiere, aber auch die Brennessel kann zwischen April und Juni kostenlos leckere Mahlzeiten liefern. Einen eigenen Garten braucht es dazu nicht, smarte Apps erkennen essbare Kräuter und Pflanzen und halten Rezepte zur Zubereitung bereit. Geraten wird zum Eintopf, der besonders sättigt und auf traditionelle Weise fortgekocht werden kann: In die Reste der Suppe von gestern kommen entsprechend neu gesammelte Zutaten, so wird auch die nächste Schüssel wieder zum Geschmackserlebnis. Durch die konsequente Umstellung eine sogenannte "ewige Suppe" sinken die Lebensmittelausgaben eines Singlehaus von derzeit im Durchschnitt 179 Euro auf unter 100 Euro. Die Konsumausgaben für Nahrungsmittel der privaten Haushalte in Deutschland von zuletzt 178,91 Milliarden Euro könnten sich damit bereits 2023 halbieren.

Es wäre ein Etappensieg gegen den Krieg, den es jedoch durch flankierende Maßnahmen auszubauen gilt. Der Stromverbrauch beim Bügeln  lässt sich drastisch senken, wenn nur die Kleidungsstücke gebügelt werden,  bei denen es wirklich notwendig ist. Dabei nutzt der kluge Energiesparer die Restwärme! Einfach Bügeleisen früher ausstecken und die letzten Hemden mit dem noch heißen Bügeleisen glätten. Geldwerter Vorteil: In der kalten Jahreszeit wird im Wohnzimmer gebügelt, so dass die Abwärme den Raum heizt. Profi-Tipp: Wer Bügelwäsche unter seine Matratze legt, kann auf ein Bügeleisen ganz verzichten, das eigene Körpergewicht plättet die Wäsche ebensogut. Ersparnis: Zehn bis 15 Euro im Jahr.

Verhängnis aus Amerika

Hochbelastend für das Weltklima sind aber vor allem Geräte, die heizen oder kühlen. Hauptverantwortlich für den Stromverbrauch deutscher Haushalte sind Kühlschränke, eine aus dem Jahr 1913 stammende Erfindung des Amerikaners Fred W. Wolf, die ungeachtet ihrer schädlichen Wirkungen weltweit große Verbreitung gefunden hat. Etwa 4,6 Milliarden Kühlschränke weltweit bescheren dem Kartell der Herstellerfirmen alljährlich Umsätze von zuletzt 106 Milliarden Euro, laut Prognose wird im Jahr 2027 ein Marktvolumen von 125,30 Milliarden erwartet. Eine verhängnisvolle Nachricht für Klima und russische Energieabhängigkeit: Derzeit wird immer noch jedes vierte Bier in Deutschland mit russischem Gas gekühlt. Einfachstes Mittel gegen dieses fatale Abhängigkeit: Raus mit dem Stecker, abtauen und stattdessen durch Verdunstung kühlen.

Dazu wird ein Verdunstungs-Kühlschranks ganz einfach selbst gebaut: Zum Beispiel, indem man einen kleineren in einen größeren Blumentopf stellt, den Zwischenraum mit Sand auffüllt und mit Wasser aufgießt. Nun muss man nur den Sand konstant feucht halten, das Ganze mit einem feuchten Tuch abdecken und den stromlosen Kühlschrank
idealerweise an einen Ort stellen, an dem er ein wenig Wind abbekommt. Profi-Tipp: Der in Indien gebaute "Mitti Cool Fridge"-Kühlschrank besteht aus Lehm, hat genügend Platz für Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Milch oder Käse sowie einen Trinkwasserbehälter.

Wasser aus einem Tank oben im Kühlschrank tropft an den Seiten herunter und erzeugt durch seine Verdunstung Kälte im Inneren. Nach Angaben des Herstellers bleiben Lebensmittel auf diese Weise mehrere Tage frisch. Am Tank ist zudem ein Hahn angebracht, der es erlaubt, Trinkwasser zu entnehmen. Ersparnis: 40 bis 80 Euro im Jahr - beinahe ein ganzer Lebensmittelmonat.

Abschalten spart am meisten

Weitere 12 Euro pro Jahr spart, wer Elektrogeräte grundsätzlich ganz abschaltet, auf weitere 300 bis 900 Euro kommt, wer auch auf das Anschalten verzichtet. Der Deckel auf dem Kochtopf
beim Kochen bringt noch einmal

24 Euro pro Jahr, wer gar nicht mehr kocht, sondern sich kalt ernährt, verzehnfacht die Ersparnis und zahlt weitere 250 bis 400 Euro auf sein Stromausstiegskonto ein. Ähnlich lukrativ ist der Verzicht auf die Waschmaschine. Statt sie nur dann zu nutzen, wenn sie wirklich voll ist, um so 25 Euro im Jahr einzusparen, raten Energiesparfüchse zum guten alten Waschbrett, das ganz ohne  Strom auskommt. Profi-Tipp: Meistens kann man dann auch auf eine Vorwäsche verzichten, einfach kurz durchrubbeln, ein schnellerer Waschgang reicht.

Bis zu 17 weitere Euro im Jahr lassen sich einsparen, wenn man dabei mit 30 statt mit 60 Grad arbeitet. Der Wäsche macht das in den meisten Fällen nicht mal etwas aus:Bundesweit sind keinerlei Beschwerden bekannt geworden. Spar-Ertrag: 600 bis 900 Euro im Jahr.

Zu bedenken bleibt nach Expertenangaben auch, dass sich das gesellschaftliche Klima mit dem Klima zu wandeln im Begriff ist. So wie einst Hut, Weste und Anzugjacke als Standardbekleidung für den zivilisierten Herren und das gesittete Kleid für die Dame ausstarben, verspricht die Eliminierung der unnötigen Teile des Stromverbrauchs eine hohe gesellschaftliche Akzepte ihrer Wirkungen. Leicht zu riechen sollte ersten Prognosen von CLW-Forschenden nach Ausweis einer progressiven Haltung werden, leicht angeknitterte Kleidung als modisch letzter Schrei gelten, Gespräche über eigene Sparerfolge kitzeln den Wettbewerbsgedanken heraus.

Wer schafft wie viel? Wer spart am meisten?. Haushalte ohne Spül- und Waschmaschinen und Kühlschränke setzen den Trend, der dank medialer Vermittlung binnen eines oder zweier Jahre zur "neuen Normalität" (Olaf Scholz) werden sollte, wie die Wissenschaftler glauben.

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Wer dauerhaft aus der Wanne steigt und stattdessen duscht, komm immerhin auf den halben Sparbetrag: Eine durchschnittliche Dusche (Verbrauch von 12l/min) von fünf Minuten kostet etwa 50 Cent. Geldwert-Tipp: Ein Duschtag die Woche reicht. Gespart werden dann ca. 350 Euro im Jahr.

Laut Blödzeitung kosten 10 Minuten Duschen inzwischen 1.80€

Deine Rechnung berücksichtigt scheinbar nicht die Inflation...

Mit dem Habeck-Duschkopf verbrauchst du aber nur ein Drittel Wasser!

Den Duschkopf kannste aber in die Tonne klopppen. Das ist so als ob Du mit heißer Luft duschst. Hinterher läufst Du meist grün an. 😵

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